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Ohrfeige

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Persönliche Bewertung:
4,3/5 (6)

Eignung für Lesekreise:
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Ohrfeige

Ein Flüchtling betritt die Ausländerbehörde, um ein letztes Mal seine zuständige Sachbearbeiterin aufzusuchen. Er ist wütend und hat nur einen Wunsch: dass ihm endlich jemand zuhört. Als Karim drei Jahre zuvor von der Ladefläche eines Transporters ins Freie springt, glaubt er in Frankreich zu sein. Bis dorthin hat er für seine Flucht aus dem Irak bezahlt. In Wahrheit ist er mitten in der bayerischen Provinz gelandet. – Er kämpft sich durch Formulare und Asylunterkünfte bis er plötzlich seinen Widerruf erhält und abgeschoben werden soll. Jetzt steht er wieder ganz am Anfang. Dieser ebenso abgründige wie warmherzige Roman wirft eine der zentralen Fragen unserer Gegenwart auf: Was bedeutet es für einen Menschen, wenn er weder in der Heimat noch in der Fremde leben darf?

Pressestimmen

„Abbas Khider schreibt schlanke Bücher. Sie sind entschlackt. Reduziert auf das Wesentliche. Kein Nippes, kein Schnickschnack, so wie das Gepäck eines Menschen, der auf der Flucht ist.“ Ilja Trojanow in seiner Laudatio zu Khiders Antritt als Mainzer Stadtschreiber, Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Hier ist ein Dichter am Werk. Ein formbewusster Autor, der die uralte europäische Tradition des Schelmenromans wiederbelebt. … Zu den Risiken und Nebenwirkungen der Literatur gehört das Aufdecken von Verlogenheiten. Abbas Khider deckt hier, mit rücksichtslosem Witz, die große Verlogenheit auf, dass die Bundesrepublik seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland ist, aber kein Einwanderungsland sein will.“ Christian Delius in der Laudatio des Adelbert-von-Chamisso-Preises, Süddeutsche Zeitung

„Eine ganz humorvolle, erstaunlich wenig selbstmitleidige Analyse der Situation eines Asylbewerbers in Deutschland.“ Annemarie Stoltenberg, NDR Kultur

Über das Buch

‚Ohrfeige‘ ist Abbas Khiders vierter Roman. Die Arbeit am Werk wurde durch ein Stipendium des Berliner Senats gefördert.

Über Abbas Khider

Abbas Khider wurde 1973 in Bagdad geboren. Mit 19 Jahren wurde er wegen seiner politischen Aktivitäten verhaftet. Nach der Entlassung floh er 1996 aus dem Irak und hielt sich als »illegaler« Flüchtling in verschiedenen Ländern auf. Seit 2000 lebt er in Deutschland und studierte Literatur und Philosophie in München und Potsdam. 2008 erschien sein Debütroman Der falsche Inder, es folgten die Romane Die Orangen des Präsidenten (2011) und Brief in die Auberginenrepublik (2013). Er erhielt verschiedene Auszeichnungen, zuletzt wurde er mit dem Nelly-Sachs-Preis, dem Hilde-Domin-Preis und dem Adelbert-von-Chamisso-Preis geehrt. Außerdem ist er zum Mainzer Stadtschreiber für das Jahr 2017 gewählt worden. Abbas Khider lebt zurzeit in Berlin. Im Hanser Verlag erschien sein Roman Ohrfeige (2016).

Werke

  • Massaker im Hausgarten; Winternachtstraum; Sind deine Augen blau? In: Khalid Al-Maaly (Hrsg.): Rückkehr aus dem Krieg. Eine Anthologie zeitgenössischer Lyrik aus dem Irak. 2006. (arabisch, deutsch)
  • Aufenthalt in einem Nest zwischen Wolken. Für: Hilde Domin. Der Kuss und die Asche. Königreich der Götter. Stein der Nacht In: Allmende. Zeitschrift für Literatur. 85. 2010, S. 56–59.
  • Der falsche Inder. Roman. 2008
  • Die Orangen des Präsidenten. Roman. 2011
  • Brief in die Auberginenrepublik. Roman. 2013
  • Ohrfeige. Roman. 2016

Auszeichnungen (Auswahl)

  • 2009: Alfred-Döblin-Stipendium der Berliner Akademie der Künste
  • 2009–2010: Arbeitsstipendium der Autorenförderung des Deutschen Literaturfonds
  • 2010: Ehrenurkunde für Literatur von der irakischen Gesellschaft für Kulturförderung
  • 2013: Poetik-Dozentur der Universität Koblenz-Landau „Ansichtssache Deutschland“ gemeinsam mit Tom Buhrow und Sabine Stamer
  • 2013: Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil
  • 2013: Melusine-Huss-Preis der Hotlist
  • 2013: Grenzgänger-Stipendium der Robert-Bosch-Stiftung in Kooperation mit dem Literarischen Colloquium Berlin
  • 2013: Nelly-Sachs-Preis
  • 2016: Heinrich-Heine-Gastdozentur
  • 2017: Mainzer Stadtschreiber
  • 2017: Adelbert-von-Chamisso-Preis für sein bisheriges Gesamtwerk

Diskussionsfragen

  • „Um zu überleben und nicht vollständig wahnsinnig zu werden, brauchen wir die Vermittler, die Mafiosi, die Geldgeilen, die Schmuggler, die bestechlichen Polizisten und Beamten… Wir brauchen sie viel mehr als alle Mitarbeiter von AMNESTY INTERNATIONAL zusammen.“ (geb. Buch, Seite 28) Wie war Ihre Reaktion beim Lesen? Können Sie die Meinung von Karim Mensy nachvollziehen?
  • Wie gefällt Ihnen der Buchtitel? Passt er zum Buch? Hat sich Ihre Meinung vor dem Lesestart, nach der ersten Seite und nach Beendigung des Buches geändert?
  • Das Buch beginnt mit der Ohrfeige, die Karim Mensy seiner Sachbearbeiterin Frau Schulz gibt, bevor er sie an ihren Bürostuhl fesselt. Er will sie dazu zwingen, Zuhörer seiner Lebensgeschichte und Sorgen zu sein. Wie haben Sie beim Lesen darauf reagiert? Ist dies, Ihrer Meinung nach, ein guter Beginn für ein Buch? Was macht einen guten Beginn aus? Gibt es Ihrer Meinung nach dafür ein ‚Rezept‘?
  • Mensy berichtet über die unterschiedliche Behandlung von blonden Europäern und dunkelhaarigen Arabern, von Süddeutsche Zeitung Lesenden und in der 1. Klasse eines ICEs fahrenden Menschen. Warum werden diese Menschen unterschiedlich behandelt? Welche Vorurteile können eine Rolle spielen?
  • Karim fährt gerne Regionalzug, auch um sich dort mit den Reisenden zu unterhalten. Er ist enttäuscht über die Fragen, die ihm gestellt werden und hätte ich mehr Interesse an seiner jetzigen Situation gewünscht. Können Sie das nachvollziehen? Welche Fragen würden Sie ihm bei einem Treffen stellen?
  • „In diesem Land braucht man Anleitungen. Alles ist umständlich und kompliziert.“ So informiert Rafid Karim im Asylantenheim. (Beispiel Fahrkartenkauf) (geb. Buch, Seite 70) „Die zahlreichen Paragrafen und Vorschriften, die dieses Land unter sich begraben, wenigstens einigermaßen zu begreifen, wurde zu meiner wichtigsten Aufgabe…“ … „stumpfsinnige entseelte deutsche Verwaltung …“ (S. 75) Warum empfinden es die Männer so? Geht es Ihnen in unserem Land manchmal ebenso? Sammeln Sie Beispiele und diskutieren diese.
  • Wie wird Karim in Deutschland empfangen? Wo ist die viel besprochene ‚Willkommenskultur‘? Hat es damit zu tun, dass er bereits 2000 eingereist ist? Oder ein alleinstehender junger Mann ist? Was hat sich seitdem für Flüchtlinge geändert?
  • Im Roman wird gezeigt, dass es für die Flüchtlinge ohne Lügen und Betrügen, ohne ein großes Netzwerk versteckter Helfer kein Weiterkommen, kein Überleben, kein Bleiben gibt. Glauben Sie, der Autor hat dies realistisch dargestellt oder hat er die Situation für sein Buch übertrieben?
  • Der Roman hat keine typische Handlung, sondern besteht aus Episoden auf verschiedenen Ebenen. Als Rahmenhandlung werden vier Passagen eingesetzt, in denen Karim, bekifft auf einem Sofa liegt. Die zahlreichen Binnenerzählungen (Karim erzählt über sich selbst, Karim spricht, während er bekifft ist und Karim spricht über andere) unterscheiden sich von der Sprache her. Analysieren Sie das Buch im Hinblick auf diese Sprachebenen, Episoden und die unterschiedliche Sprache. War ihnen dies während der Lektüre aufgefallen? Was halten Sie von dieser Struktur?
  • »Es ist ein Markenzeichen des Autors Khider, drastisch und poetisch zugleich zu schreiben – und auch Bitterböses mit Galgenhumor zu schildern.“ So beschreibt der Rezensent Carsten Hueck von SWR2 das Buch. Manche Rezensenten bezeichneten das Werk sogar als einen modernen Schelmenroman. Welche Rolle spielt Humor im Buch? Oder ist es Ihrer Meinung eher Sarkasmus?
  • Recherchieren Sie den Werdegang des Autors Abbas Khider. Was glauben Sie, wieviel eigene Erfahrungen in das Buch eingeflossen sind? Was unterscheidet seine Erfahrungen von denen Karims?
  • Im Buch lernen wir Menschen kennen, die weder in ihrer Heimat noch in der Fremde leben dürfen. Was bedeutet es für einen Menschen, wenn er in solch einer Situation ist?
  • Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland. Und seit Jahrzehnten scheinen wir uns dagegen zu wehren. Oder sehen Sie dies anders? Diskutieren Sie die Situation von Einwanderern und Flüchtlingen zu unterschiedlichen Zeiten und aus unterschiedlichen Ländern (Beispiele: Vertriebene aus den Ostgebieten nach dem Krieg, türkische und italienische Gastarbeiter in den sechziger Jahren, sogenannte Russlanddeutsche / Spätaussiedler, aus Vietnam: ‚boat people‘ im Westen, Arbeiter im Osten, aktuelle Flüchtlingsgruppen). Was waren bzw. sind deren Motive? Wie ist die Bevölkerung damit umgegangen?
  • Braucht Deutschland Einwanderer? Wenn ja warum? Wie ist das in Österreich oder der Schweiz?
  1. Ich persönlich finde die Analyse wunderbar und vor allem wissenschaftlich, aber es wäre auch den sozio- historischen des Roman zur Schau zu stellen.

    25. Juni 2019 | 00:34 | Pascal Ngatoussia
  2. Wunderbare Analyse ,du musst auch von dem sozio-historischen Hindergrund des Romans sprecehen.

    25. Juni 2019 | 00:36 | Pascal Ngatoussia

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