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Das verschlossene Zimmer

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Persönliche Bewertung:
4,2/5 (13)

Eignung für Lesekreise:
4,6/5 (12)


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Das verschlossene Zimmer

Unsere Neuentdeckung des Monats

Wir haben drei Buchpakete mit mehreren Exemplaren des Buches an Lesekreise verlost.

 

Krakau, Anfang 1939: In der polnischen Stadt lebt Marie, eine intelligente und selbständige junge Frau mit ihrem Vater Dominik. Marie hat gerade die Schule abgeschlossen und möchte Ärztin werden wie ihr Vater – zu der damaligen Zeit ein ungewöhnlicher Wunsch. Gleichzeitig drängt es sie endlich mehr über ihre Mutter zu erfahren, die vor vielen Jahren verschwand und von der sie nichts weiß. Neben Themen wie das Leben von Frauen in patriarchalischen Gesellschaften und Familiengeheimnissen ist im Roman zentral die Frage, wie weit man als Eltern bereit ist zu gehen, um das eigene Kind zu schützen. Der Roman endet am 1. September, dem Beginn des Zweiten Weltkrieges durch die deutsche Invasion Polens.

Leseprobe

Über Rachel Givney

Die Australierin Rachel Givney arbeitet als Drehbuchautorin für TV-Serien. Als Autorin wurde sie durch ihren ersten Roman, der Jane-Austen-Komödie ‚Janet in Love‘, bekannt, die momentan verfilmt wird. Givney hat polnische Wurzeln und liebt Krakau. Dies und die komplexe Geschichte des Landes hat sie zu ihrem zweiten Roman ‚Das verschlossene Zimmer‘ inspiriert.

Webseite der Autorin: www.rachelgivney.com

Zusammenarbeit mit dem Lübbe Verlag

Im Rahmen einer bezahlten Zusammenarbeit mit dem Lübbe Verlag, in dem der Roman erscheint, haben wir nachfolgend Diskussionsfragen zum Buch sowie ausführliche Hintergrundinformationen zusammengestellt. Diese umfassen u.a. die historische Einordnung sowie Informationen zu den Städten Krakau und Lemberg, in denen der Roman spielt. Weitere Informationen zu dieser Zusammenarbeit finden Sie hier.

Weitere Informationen zum Roman

Auf der Webseite des Verlags findet sich ein ausführliches Interview mit Rachel Givney zum Buch – sehr empfehlenswert!

Der Roman alterniert zwischen der (heute) polnische Stadt Krakau und Lemberg, das heute zur Ukraine gehört.

Krakau ist mit fast 800.000 Einwohnern nach Warschau die zweitgrößte Stadt Polens. Die Stadt hat sich zu einem bedeutenden Kultur-, Kunst- und Wissenschaftszentrum entwickelt. Krakau beheimatet die – nach Prag – zweitälteste mitteleuropäische Universität. Die Bausubstanz Krakaus ist trotz des Zweiten Weltkriegs weitgehend erhalten, da die deutsche Armee die Stadt im Januar 1945 kampflos verließ, als die russische Rote Armee von Osten kam.
Heute stehen die Altstadt, der Stadtteil Kazimierz sowie der Wawel auf der Liste der Unesco-Welterbe. Der Wawel ist ein Hügel im Zentrum, auf dem sich die Burganlage der ehemaligen Residenz der polnischen Könige und die Kathedrale befinden. Dort war auch der Sitz des Erzbischofs von Krakau, Karol Wojtyła, von 1978 – 2005 Papst Johannes Paul II. Kazimierz war das kulturellen und religiösen Zentrum der Juden in Polen. Heute ist es ein beliebtes touristisches Ziel, vor allem, da Steven Spielberg Teile seines Holocaust-Films Schindlers Liste dort filmte.

Lemberg (Lwiw) hat heute rund 730.000 Einwohner und eine wechselvolle Geschichte hinter sich. In den letzten Jahrhunderten gehörte es erst zu Polen, von 1772–1918 zur österreichischen Habsburgermonarchie, dann bis 1939 wieder zu Polen, während des Zweiten Weltkriegs war es zunächst von der sowjetischen Armee besetzt, dann Teil des deutschen Generalgouvernements, ab 1945 war Lemberg Teil der Sowjetunion und seit 1991 gehört es zur Ukraine.

Die Bevölkerung war immer vom Zusammenleben mehrerer Ethnien geprägt. Bis ins 20. Jahrhundert gab es neben einer polnischen Bevölkerungsmehrheit einen großen Anteil an Juden und Ukrainern. Nach der ‚Westverschiebung Polens‘ (siehe unten) bestand Lembergs Bevölkerung überwiegend aus Ukrainern, daneben Russen, Weißrussen und Polen.

Die Altstadt ist Teil des UNESCO-Weltkulturerbes und wird von Bauwerken der Renaissance, des Barocks, Klassizismus und Jugendstils beherrscht.

Historischer Hintergrund: Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg mit dem Einmarsch der deutschen Armee in Polen. Als unmittelbare Folge erklärten am 3. September 1939 Frankreich und das Vereinigte Königreich aufgrund ihrer Garantieerklärung für Polen dem Deutschen Reich den Krieg. Eine große Offensive der Westmächte blieb aber trotz der Zusagen gegenüber Polen aus. Krakau fiel kampflos, Polens Hauptstadt kapitulierte Ende September. Die meisten überlebenden polnischen Soldaten gingen in Kriegsgefangenschaft.

Deutschland und die Sowjetunion teilten Polen unter sich auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand eine ‚Westverschiebung‘ Polens statt. Ostpolen – auch Lemberg – gehörten dann zur Sowjetunion und 1,7 Millionen dort lebende Polen und Ukrainer wurden ermutigt und gezwungen aus ihrer Heimat umzusiedeln. Polen siedelten in die sogenannten ‚wiedergewonnenen Gebiete‘ um, die vorher unter anderem als Ostpreußen, Hinterpommern, Schlesien und Danzig zum Deutschen Reich gehört hatten. Die ursprünglich dort ansässige deutsche Bevölkerung war geflohen oder vertrieben worden. Ukrainer, die in West- oder Mittelpolen gelebt hatten, mussten in die Gebiete, die jetzt zur Sowjetunion gehörten. Krakau war von der Westverschiebung nicht betroffen, da es im Zentrum von Polen liegt.

Juden in Polen: In Polen bildeten Juden vor dem Zweiten Weltkrieg eine bedeutende Minderheit mit einem regen religiösen Leben; in Krakau war fast ein Viertel der Bevölkerung jüdischen Glaubens, in Lemberg fast ein Drittel. Trotzdem kam es immer wieder zu Übergriffen oder Repressalien.

1939 gab es in Polen 3.460.000 polnische Bürger jüdischer Abstammung. Viele kamen in eines der polnischen Ghettos. Der überwiegende Teil wurde ermordet, größtenteils durch die Deutschen. Von den Überlebenden wanderten viele nach Israel aus. Mit dem Fall des Kommunismus 1989 erlebte das kulturelle, soziale und religiöse Leben der Juden in Polen eine Wiederbelebung. Dennoch ist ihre Zahl gering und es gibt eine überwiegend negative Einstellung zu Juden seitens der polnischen Bevölkerung. Detaillierte Informationen zur Geschichte der Juden in Polen finden sich hier.

Quellen: eigene Zusammenfassung auf Basis diverser Wikipedia-Artikel

Diskussionsfragen

  • Der englische Originaltitel des Romans lautet ‚Secrets my father kept‘, auf Deutsch ‚Die Geheimnisse meines Vaters‘. Gefällt Ihnen dieser besser als der deutsche Buchtitel? Warum? Waren Ihnen die ungewöhnlichen Kapitelüberschriften bei der Lektüre aufgefallen?
  • Warum wird es Marie, trotz offensichtlicher Begabung, so schwer gemacht, Medizin zu studieren? Wäre es für sie heute einfacher? Was hat sich geändert?
  • Wie hat sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den letzten Jahrzehnten verändert? Waren diese Veränderungen immer auch Verbesserungen?
  • Marie setzt alles daran, mehr über ihre Mutter zu erfahren. Warum ist ihr das so wichtig? Ihr Vater versucht, zusätzlich die Rolle der Mutter zu übernehmen. Gelingt ihm dies? Durch Trennung der Eltern wachsen heute viele Kinder mit nur einem Elternteil auf. Ist die Situation für die Kinder heute einfacher?
  • Maries Vater Dominik ist eine widersprüchliche Person: In seinem Beruf als Arzt ist er offen für neue wissenschaftliche Methoden, als Vater glaubt er nicht an eine Zukunft seiner Tochter als Ärztin und möchte, dass sie jung und in eine wohlhabende Familie heiratet. Wie passt dies zusammen? Warum macht er ein solches Geheimnis um Maries Mutter? Welche Unterschiede, welche Gemeinsamkeiten sehen Sie zwischen Vater und Tochter?
  • Dominik hat in seinem Leben eine große Entscheidung getroffen. War diese richtig oder hätte es andere Alternativen gegeben? Wie wäre das Leben der beiden verlaufen, wenn Dominik anders entschieden hätte?
  • Welche Rolle spielt die Freundschaft zwischen Dominik und seinem Kollegen Johnny? Glauben Sie, er hatte Dominiks Geheimnis erraten?
  • Ein zentrales Thema im Buch ist die Frage wie weit man als Mutter oder Vater bereit ist zu gehen, um das eigene Kind zu schützen. Gibt es, Ihrer Meinung nach, eine Grenze – und wenn ja, wo würden Sie diese ziehen?
  • „Man sieht nur, was man sehen will“ erklärt Maries Vater ihr öfter. Was meint er damit? Sind Sie der gleichen Meinung? Kennen Sie aus eigener Erfahrung Beispiele, wo diese Aussage zutraf?
  • Marie konvertiert zum Judentum, um ihre große Liebe Ben zu heiraten. Was war Ihre erste Reaktion auf diese Entscheidung? Können Sie diese nachvollziehen oder ist sie eher romantischen Gefühlen geschuldet? Glauben Sie, Marie waren alle Konsequenzen Ihrer Entscheidung klar?
  • In Kapitel 13 geht es um die Wichtigkeit von Religion, innerhalb der Familie aber auch beim Umgang miteinander. „Einmal Jude, immer Jude“ ist ein Zitat aus diesem Kapitel. Ist es schwierig, eine Religion zu wechseln, sie abzulegen oder nicht zu praktizieren? Gibt es Unterschiede bei den Religionen?
  • In Polen bildeten Juden eine bedeutende Minderheit; in Krakau war fast ein Viertel der Bevölkerung jüdischen Glaubens. Bereits in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg und auch außerhalb Deutschlands, in Polen, gab es zunehmend Antisemitismus. Wie äußerte sich dieser in der polnischen Gesellschaft? Gab es eine Veränderung im Laufe des Romans? Warum ist Maries Vater mit der Heirat seiner Tochter mit einem Juden nicht einverstanden?
  • Das Ende ist überraschend – oder haben Sie es vorhergesehen?
  • Der Roman spielt in Krakau und Lemberg und alterniert zwischen 1939 und den 1920er Jahren. Ist es der Autorin gelungen, diese zeitlichen und örtlichen Wechsel klar und nachvollziehbar darzustellen?
  • Der Roman endet am 1. September 1939, dem Beginn des Zweiten Weltkrieges. Wie sehr interessiert Sie das Schicksal von Marie und ihrem Vater? Würden Sie eine Fortsetzung lesen und welchen Zeitraum sollte diese abdecken? Wie sähen für Sie die nächsten Jahre für beide aus?
  • Givney arbeitet als Drehbuchschreiberin für das Fernsehen und sagte in einem Interview: „Ich neige dazu, mit Kopfkino zu schreiben – dabei stelle ich mir Figuren und Orte vor, als würde ich sie vor mir sehen.“ Können Sie sich eine Verfilmung des Romans vorstellen? Was muss ein Roman ‚haben‘, damit er Potential für eine filmische Umsetzung bietet?
  • Würden Sie den Roman auch Jugendlichen empfehlen? Wenn ja, in welchem Alter? Eignet er sich als Schullektüre? Welche Themen lassen sich anhand des Textes diskutieren?
  • Eine Australierin mit polnischen Wurzeln, die über eine Vorkriegsgeschichte schreibt, die in Polen spielt? Kommt Ihnen das bekannt vor? Vielleicht haben Sie ‚Die Bücherdiebin‘ von Markus Zusak gelesen, dessen Eltern in den 1950er Jahren aus Deutschland und Österreich nach Australien auswanderten. Sein Bestseller-Buch spielt in Deutschland, vor und während des Zweiten Weltkriegs. Erzählt wird die Geschichte eines zu Beginn des Romans neunjährigen Mädchens. Wenn Sie beide Romane kennen, wo sehen Sie Parallelen, wo Unterschiede?
  • Besonderer Buchtipp: Apeirogon von Colum McCann

    Besonderer Buchtipp:

    Apeirogon von Colum McCann

    Rami und Bassam sind Freunde und wohnen im selben Land nah beieinander. Und doch leben sie in zwei völlig unterschiedlichen Welten. Denn das Land ist Israel und Rami ist Jude, Bassam Palästinenser. Was sie verbindet, ist das Schlimmste, was Eltern passieren kann – beide haben ein Kind bei einer Gewalttat verloren.

    Dennoch fordern sie keine Rache, sondern halten gemeinsam Vorträge darüber, dass nur Kommunikation und ein Verständnis für den anderen zu einem Frieden im Nahen Osten führen können.

    Das Buch erschien bereits 2020 und ist doch aktueller denn je.

    Wir stellen den Roman und den Autor ausführlich vor. Zusätzlich gibt es passende Diskussionsfragen für eine Besprechung im Lesekreis.

    » zum Buch

  • Rosa und Leo: Die große Liebe der Rosa Luxemburg von Charlotte Roth

    Entdeckung des Monats:

    Rosa und Leo: Die große Liebe der Rosa Luxemburg von Charlotte Roth

    Rosa Luxemburg war eine Vordenkerin und Freiheitskämpferin. Über ihr Privatleben ist jedoch wenig bekannt.

    Dieser biografische Roman erzählt neben ihrem politischen Weg und einem Porträt der damaligen Zeit, auch von der großen, dramatischen Liebesgeschichte zwischen der Revolutionärin und Leo Jogiches.

    Charlotte Roth hat zahlreiche Romane über Frauenschicksale veröffentlicht, die meist vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte spielen.

    Wir stellen den Roman und die Autorin ausführlich vor, inklusive Interview zum Roman und Diskussionsfragen für Lesekreise.

    » zum Buch

  • Unser Thema des Monats: Das Lieblingsbuch der Unabhängigen Buchhandlungen

    Unser Thema des Monats:

    22 Bahnen von Caroline Wahl ist Lieblingsbuch der Unabhängigen Buchhandlungen

    Seit 2015 küren die unabhängigen Buchhandlungen ihr Lieblingsbuch.

    Die Nominierten für 2023 waren:

    Elena Fischer: „Paradise Garden“
    Milena Michiko Flašar: „Oben Erde, unten Himmel“
    Rónán Hession: „Leonard und Paul“
    Jarka Kubsova: „Marschlande“
    *Caroline Wahl: „22 Bahnen“ (Lieblingsbuch)

    Wir haben alle bisherigen Gewinner und die 5 Romane der Shortlist zusammengestellt – insgesamt 45 Buchtipps! Und zu vielen davon gibt es bereits Diskussionsfragen.

    »zu den Buchtipps

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