Unsere Neuentdeckung des Monats: Eine Frage der Chemie von Bonnie Garmus
Unsere Entdeckung des Monats:
Eine Frage der Chemie von Bonnie Garmus
Elizabeth Zott ist alles außer durchschnittlich. Doch es ist 1961, und die Frauen tragen Hemdblusenkleider und treten Gartenvereinen bei. Niemand traut ihnen zu, Chemikerin zu werden.
‚Eine Frage der Chemie‘ ist Garmus‘ Debütroman. Das Buch wurde ein weltweiter Bestseller und 2022 von den unabhängigen Buchhandlungen in Deutschland zum Lieblingsbuch gewählt.
Wir stellen den Roman und die Autorin ausführlich vor und haben Diskussionsfragen für Lesekreise zusammengestellt.
Unser besonderer Buchtipp: Tell von Joachim B. Schmidt
Unser besonderer Buchtipp:
Tell von Joachim B. Schmidt
Wilhelm Tell – wer kennt ihn nicht, den legendären Schweizer Freiheitskämpfer, der mit dem Apfelschuss seiner Armbrust berühmt wurde? Oder die literarische Adaption von Friedrich Schiller? Später hat Max Frisch mit ‚Wilhelm Tell für die Schule‘ den Mythos nüchtern und aus einer anderen Perspektive erzählt.
Joachim B. Schmidt traut sich mutig an den historischen Stoff heran und erzählt ihn neu und modern. Und hat Erfolg: Sein Roman wurde in diesem Jahr zum Lieblingsbuch des deutschschweizer Buchhandels gewählt.
Wir stellen den Roman und den Autor ausführlich vor. Vom Diogenes Verlag gibt es dazu passende Diskussionsfragen.
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Ab 5. JANUAR: +++ DER PLATZ VON ANNIE ERNAUX +++
Alle zwei Monate ein neues Buch diskutieren.
Aktuelle Literaturverfilmungen
Literaturverfilmungen – Vorschau:
Irgendwann werden wir uns alles erzählen (ab 13.4.)
Der Pfau (ab 16.3.)
Sonne und Beton (ab 2.3.)
Wann wird es endlich so, wie es nie war (ab 23.2.)
Wo ist Anne Frank (ab 23.2.)
Unser Thema des Monats: Das Lieblingsbuch der Unabhängigen Buchhandlungen
Unser Thema des Monats:
Das Lieblingsbuch der Unabhängigen Buchhandlungen
Seit 2015 küren die unabhängigen Buchhandlungen ihr Lieblingsbuch. Dafür nominieren die Buchhändler*innen ihren Lieblingsroman aus dem laufenden Jahr und stimmen dann ab, welcher ihr Lieblingstitel ist.
Wir haben alle bisherigen Gewinner und die 5 Romane der Shortlist zusammengestellt – insgesamt 40 Buchtipps! Und zu vielen davon gibt es Diskussionsfragen.
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Die Geschichte einer heimlichen Heldin
Berlin, 1938: Elly Berger rettet den Sohn ihrer jüdischen Arbeitgeber vor den Nazis. Doch ihre Flucht dauert länger und endet anders, als geplant. Wird Leon seine Eltern wiedersehen?
» Leseprobe + Diskussionsfragen
FOLGEN SIE dem Droemer Verlag
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Die Kießlings gehören zu Juist wie die Gezeiten. Ein überraschender Besuch zeigt die Vergangenheit der Familie in einem neuen Licht. Eine große Familiengeschichte, die von vier Generationen erzählt.
FOLGEN SIE dem Lübbe Verlag
5 Fragen an Charlotte Roth zu ‚Ich bin ja heut so glücklich‘
Ausführliche Informationen zum historischen Roman ‚Ich bin ja heut so glücklich‘ von Charlotte Roth, inklusive Diskussionsfragen finden sich hier.
Wie sind Sie auf die Schauspielerin Renate Müller und ihre Lebensgeschichte aufmerksam geworden? Was hat Sie an der jungen Frau so fasziniert, dass Sie einen Roman über sie geschrieben haben?
Ich bin der ultimative Film-Freak, ich wäre gern Filmregisseur geworden und bin verrückt nach allem, was mit Film zu tun hat. Dabei gilt dem großen Kino der tausend Möglichkeiten in der Republik von Weimar meine besondere Liebe, weil es eine solche Ballung von Talent meiner Ansicht nach in Deutschland nie wieder gegeben hat und weil mir deren brutales Ende bis heute wehtut. Und die Wendepunkte interessieren mich – so zum Beispiel der zum Tonfilm, deren erster ganz großer Erfolg die „Dreigroschenoper“ war, in der Carola Neher spielte.
Bei meinen Recherchen zu deren Geschichte stieß ich auf Renate Müller als einen Star, den der Tonfilm gemacht hat. Ihr kometenhafter Aufstieg ebenso wie ihr jäher tragischer Sturz und ihr bis heute nicht geklärter Tod haben mich sofort fasziniert. Als ich dann noch feststellte, dass ihre Freundin Sybille Schmitz war, die „Veronika Voss“ aus dem Meisterwerk von Rainer Werner Fassbinder, den ich mein Leben lang anbete, stand für mich fest, dass ich über sie schreiben wollte.
Renate Müller war zu ihrer Zeit ein Idol und ist doch heute vergessen. Können Sie sich erklären, warum das so ist?
Renate Müller war eine hochbegabte Schauspielerin am Anfang ihrer Karriere. Die Filme die sie vor der Machtübernahme der Nazis drehte, haben für uns heute ihre Faszination verloren, weil sie von der Neuheit des Tonfilms lebten, von dem unerhörten Erlebnis, plötzlich Schauspieler sprechen, lachen, singen zu hören.
Wie sich Renate Müller weiter entwickelt hätte, wenn sie kontinuierlich mit guten Regisseuren in Freiheit hätte weiterarbeiten können, wissen wir nicht – ich aber bin davon überzeugt, dass sie ohne die historische Katastrophe, die so viele Lebenswege und Laufbahnen einfach abgeschnitten hat, ebenso wie Carola Neher, Sybille Schmitz und viele andere heute eine der großen Diven der Filmgeschichte wäre, an die wir uns erinnern.
Über diese Menschen möchte ich schreiben. Ich kann ihnen damit nicht zurückgeben, was man ihnen geraubt hat, und uns nicht, was wir von ihnen hätten haben können. Aber ich kann laut sagen, dass ich nicht aufhöre, darum zu trauern, und dass mir die Freiheit von Kunst und Kultur unendlich wichtig ist.
In ihren Romanen stehen oft Frauenschicksale vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte im Vordergrund. Was interessiert Sie gerade an diese Frauen?
Ich will hier ehrlich sein. Ich habe angefangen über Frauen zu schreiben, weil mir Bücher über Männer niemand abgekauft hätte.
Ich wollte über die Weltkriege schreiben, über den Weg in den Faschismus, über Völkermord, Unterdrückung und Widerstand. Geschichten von Männern hätten nahegelegen und ich denke, das, was wir nicht selbst sind, was wir nicht von innen her kennen, ist auch das, was wir genauer beobachten, was uns mehr fasziniert.
Weil ich mit meinen Männergeschichten aber nirgendwo landen konnte, habe ich angefangen, über Frauen zu schreiben, und irgendwann war das mein Markenzeichen geworden und ich habe angefangen, das zu bejahen: Ich erzähle von Krieg und Katastrophe aus der Sicht von Frauen, die zu Hause bleiben und aushalten müssen, Kinder füttern, Kranke retten, Alte begraben und mit Freundinnen Hurra-wir-leben-noch-Partys feiern. Aus der Sicht von denen, die nicht gefragt, sondern überrollt werden, die auch heute wieder mit ihren Kindern und dem Rest von ihrem Leben im Gepäck an Grenzen stehen und nicht wissen, was ihre Zukunft ist. Die einfach weitermachen müssen, weil es keine Wahl gibt. Für die Frauen von Berlin und Odessa, Paris und Smyrna, Gdansk und London, Shimla und Bagdad und überall.
Der Roman erscheint unter dem Pseudonym Charlotte Roth; Sie veröffentlichen auch unter weiteren Pseudonymen sowie unter Ihrem richtigen Namen. Ihr Blog trägt den Titel ‚Charlie, Lotti und Carmen‘. Warum nutzen Sie mehrere Pseudonyme?
„Charlie, Lotti und Carmen“ ist natürlich ein bisschen veraltet, da ich als Carmen Lobato nicht mehr schreibe. Der Name bleibt aber bestehen, weil ich unter diesem Pseudonym mein allerliebstes Buch geschrieben habe.
Charlie Lyne ist mein Name, „Lotti“ Roth mein zum zweiten Ich gewordenes Pseudonym. Dabei könnte ich es belassen, aber die wenigsten Autoren können von einem einzigen Standbein ihre Familien ernähren. Ich auch nicht.
Schreibt man daher für einen weiteren Verlag, ist ein Pseudonym nur fair, denn von dem Verlag, der mit viel Aufwand einen Namen aufbaut, kann kaum verlangt werden, dass er einen anderen davon profitieren lässt.
Oft ist ein Pseudonym auch sinnvoll, um Bücher in anderen Subgenres abzugrenzen und damit Stammlesern kein falsches Signal zu geben. So habe ich z.B. sehr gern Bücher geschrieben, die außerhalb von Europa spielten, und dafür auf Anraten einen anderen Namen benutzt.
*“liebt Berlin über alles“, steht in Ihren biografischen Daten. Welche Beziehung haben Sie zu der Stadt? Was gefällt Ihnen an Berlin am meisten?
„über alles“ ist ein bisschen übertrieben. Ich liebe Berlin sehr, es ist meine Geburtsstadt und ein Teil von mir, das mir immer fehlt. Besonders wenn ich sie wie jetzt in der Corona-Zeit nicht regelmäßig besuchen kann.
Das Berlin der Weimarer Jahre, dieser explodierende Schmelztiegel, Hort der Gegensätze, Vulkanschlund, kultureller Super-Brutkasten wird nie aufhören, mich zu faszinieren, zu fesseln, mir Geschichten zu erzählen, mich vor Rätsel zu stellen und mich mit Traurigkeit zu erfüllen, weil das nicht weiterleben durfte, weil es auf die brutalste erdenkliche Weise totgedrückt wurde und wir nie erfahren werden, was daraus hätte werden können.
Das heutige Berlin hat nach vielen Schwierigkeiten und Kämpfen meine Bewunderung für die Lebensqualität, die es bietet, die Hinwendung zu Toleranz und Weltoffenheit und eine neue kulturelle Vielfalt, die hoffentlich noch wächst.
Ich liebe Städte überhaupt, der Lebensraum Stadt ist meiner – von Yerevan bis Siem Riep, von Shanghai bis Mexico City. Ich möchte in jedem Jahr mindestens eine neue kennenlernen und bin glücklich, dass ich in drei so besonderen – Berlin, Neapel, London – habe leben dürfen.
Die letzte aber ist die, die ich gesucht und gefunden habe und in der ich bleiben will, weil sie all das, was ich in den Städten der Welt geliebt habe, in einem Brennglas vereint und weil das auch so ein Wahnsinn wie Brexit nicht kaputtbekommt.