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Das Vogelmädchen und der Mann, der der Sonne folgte

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Persönliche Bewertung:
3,2/5 (13)

Eignung für Lesekreise:
0/5


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Das Vogelmädchen und der Mann, der der Sonne folgte

Zwei junge Menschen im eisigen Alaska lehnen sich gegen ihre Sippe auf: Jutthunvaa’, das Vogelmädchen, das besser als alle anderen Vogelstimmen imitieren kann, wird verstoßen, weil sie Jägerin werden will. Während sie allein in die Wildnis zieht, begibt sich ein anderer auf eine lange Wanderung: Daagoo will seinen Stamm in ein Land führen, in dem die Sonne auch im Winter aufgeht. Wie sich das Schicksal dieser beiden verbindet, erzählt Velma Wallis mit einer brillanten, klaren Sprache, indem sie zurückgreift auf den Legendenschatz ihres Volkes, der Athabasken.

„Velma Wallis benutzt die archaische Sprache der alten Lagerfeuererzählungen, ohne Rhythmuswechsel wie ein steter Strom in einer Sprache: einfach und bestechend klar, ohne Schnörkel.“ Deutschlandradio Kultur

Über das Buch ‚Das Vogelmädchen…‘

Das Buch wurde mit dem American Book Award ausgezeichnet.

Das Vogelmädchen und der Mann, der der Sonne folgte ist angereichert mit einem Nachwort der Autorin, einem Nachwort des Häuptlings Iggiagruk vom Stamm der Inupiaq, Informationen über das Volk der Gwich’in und der Inupiaq und vielen Zeichnungen des athabaskischen Künstlers Jim Grant.

Widmung von Velma Wallis im Buch: „Dieses Buch ist allen Stämmen der Erde gewidmet. Wir alle unterscheiden uns voneinander – als Individuen, Gruppen und Nationen -, doch wir müssen uns über Haß und das Böse hinwegsetzen und wie ein einziger Stamm um das Gute kämpfen. Wir alle haben in der Vergangenheit gelitten und vieles erduldet. Mögen wir die Kraft besitzen, unserer Zukunft entgegenzutreten.“

Rezension unserer Testleserin Tracy Hildemann

„Eine schöne Geschichte inmitten tief verwurzelter Traditionen“

Vor langer Zeit im eisigen Alaska. Das Vogelmädchen Jutthunvaa und Daago gehören zwar der gleichen Gemeinschaft, aber einer anderen Sippe an. Sie haben jedoch eines gemeinsam: Beide finden keinen Platz in ihrer Sippe, weil sie anders sind. Weil sie sich nicht der Tradition unterordnen, sondern ihren eigenen Weg gehen wollen, sei er auch noch so sonderbar…

Cover: Das Cover ist in warmen Tönen gehalten und zeigt eine Feder, wie sie Indianer als Kopfschmuck tragen. Für mich ist es leider nicht ganz so aussagekräftig.

Schreibstil: Der Schreibstil ist flüssig und schnörkellos. Die Sätze wirken sehr präzise und enthalten wenig emotionale Aufgeregtheit. Die Handlung plätschert sanft dahin. Die Einfachheit der Sätze ist angenehm zu lesen.

Charaktere: Die Protagonisten werden in die Geschichte eingewoben. Man begleitet sie zwar auf ihrer Reise, sie wirken aber immer nur als Teil des Ganzen, was vielleicht daran liegt, dass oft nur über sie berichtet wird, und sie selbst nur wenig zu sagen haben. Auch sie wirkten emotional abgebrüht und deshalb auch ein bisschen unnahbar.

Meine Meinung:

Das Buch „Das Vogelmädchen und der Mann der der Sonne folgte“, wird wie eine Legende erzählt. Ich habe das Buch in einem Ruck durchgelesen. Es war spannend, wenn auch nicht großartig emotional. Ein Pluspunkt ist, dass das Thema sehr interessant ist und man viel über die Lebensweise der Sippe erfährt.

Aufgrund der relativ eintönigen Erzählweise, wirkte das Buch auch bei brutalen Stellen sehr abgeklärt. Das ganze Buch hat eine traurige Grundstimmung, weil wenig so wird, wie vom Vogelmädchen und von Daago erhofft. Und wenn doch mal etwas Positives eintrifft, passiert schon kurze Zeit später wieder etwas Trauriges oder Grausames. So zieht sich der Faden durch das ganze Buch.

Für mich persönlich wurde die Geschichte einfach nicht mitreißend genug erzählt. Und auch die Handlung war ganz anders als ich sie mir nach dem Lesen des Klappentextes vorgestellt hatte. Ich glaube, ich hatte mir ein bisschen mehr Liebesgeschichte erhofft, aber das war relativ weit entfernt – mir waren es dann doch zu wenig zwischenmenschliche Beziehungen.

Trotzdem, oder gerade weil es mich gut unterhalten und bis zum Ende nicht losgelassen hat, vergebe ich 3 von 5 Sternen.

Über Velma Wallis

Velma Wallis wurde als sechstes von dreizehn Kindern geboren und wuchs in der Nähe von Fort Yukon in dem Dorf Old Crow auf. Der Ort liegt an der Einmündung der Flüsse Porcupine und Yukon, etwa 200 Kilometer nordöstlich von Fairbanks/Alaska (USA), nur wenige Kilometer vom nördlichen Polarkreis entfernt. Wallis wurde nach den Traditionen der Gwich’in erzogen, deren Sprache (wie auch bspw. die Apachen oder Navajo im Südwesten der USA) zur athabaskischen Sprachgruppe gehört.

Velma Wallis wohnte mit ihrer Familie in einer Blockhütte mit zwei Räumen. Das Leben wurde definiert von der Landarbeit, dem Sammeln von Feuerholz, dem Heranschaffen von Wasser vom Fluss, der Jagd und dem Fischfang.

Als sie dreizehn Jahre alt war, starb ihr Vater. Sie verließ die Schule, um ihrer Mutter im Haushalt und beim Aufziehen der fünf jüngeren Geschwister zu helfen. Von ihrer Mutter lernte sie viel über die Geschichte, Bräuche und Legenden ihrer Vorfahren. (Ihre Mutter sprach noch die Gwich’in Sprache, wie heute nur noch wenige hundert Personen.) So hatte ihre Großmutter in ihrem dreizehnten Lebensjahr während einer Kälteperiode eine schwere Hungersnot überlebt, bei der deren Eltern und mehrere Geschwister sowie viele Stammesangehörige gestorben waren. Wallis‘ Großmutter und eine Tante hatten sich alleine bis zu einem Fischerlager durchkämpfen können, wo sie von einem Schamanen aufgenommen wurden. Wallis verarbeitete diese Familiengeschichte teilweise in ihrem Buch ‚Zwei alte Frauen‘.

Als die kleineren Geschwister großgezogen waren, holte ihre Schulbildung nach und bestand eine Prüfung, die dem staatlichen High School-Abschluss entspricht, beschloss dann aber, in eine einsam gelegene Trapperhütte zu ziehen und dort weitgehend alleine zu leben. Die Hütte war von ihrem Vater, etwa zwölf Meilen von Fort Yukon entfernt, in der Wildnis als Stützpunkt für die Jagd geschaffen worden. Wallis hielt sich über elf Jahre dort auf und überwinterte manchmal sogar dort. Sie versuchte sich auch als Fischerin, Jägerin und Fallenstellerin.

Velma Wallis lebt heute mit ihrem Mann Jeffrey John und ihren Kindern in Fort Yukon, einer kleinen Stadt mit ca. 600 Einwohnern, am Polarkreis.

Webseite von Velma Wallis (Englisch): www.velmawallis.com

Diskussionsfragen

  • Informieren Sie sich über das Leben von Velma Wallis, der Autorin des Buches. Welche Ereignisse und Erfahrungen aus ihrem Leben hat sie in das Buch einfließen lassen?
  • Die Legenden vom Land der Sonne machen Daagoo neugierig auf die Welt außerhalb der Welt, in der sein Stamm lebt. Was fasziniert ihn besonders daran? Was könnte die Sonne symbolisieren?
  • Das 4. Kapitel hat den Titel ‚Ein gehorsamer Sohn‘. Ist das ein passender Titel? Wenn ja, warum; wenn nein, warum nicht?
  • Was unterscheidet die Ureinwohner Alaskas, wie sie in diesem Buch beschrieben werden, von den Indianern Nordamerikas, wie Sie diese aus Filmen und Büchern kennen? Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für diese Unterschiede?
  • Warum besteht zwischen den Gwich’in und den Ch’eekwaii, den Eskimos, so ein ausgeprägter Hass?
  • Daagoo tauscht bei den Tlingit ein Lied gegen Nahrung ein. Da es nun den Tlingit gehört, darf seine Sippe es nie mehr singen. Was ist Ihre Meinung über diesen Tausch – Lässt sich ein Lied tauschen?
  • Vogelmädchen rächt sich für alles, was die Ch’eekwaii ihr angetan haben, indem sie die Einwohner des Dorfes (bis auf eine alte Frau) einer Rauchvergiftung aussetzt und damit tötet. Ist Ihrer Meinung nach diese Rache gerechtfertigt? Ist sie nachvollziehbar? Warum tötet Vogelmädchen auch ihren eigenen Sohn?
  • „Er war viele Jahre umhergewandert, hatte weite Entfernungen zurückgelegt, und war doch wieder dorthin zurückgekehrt, wo alles angefangen hatte – in das Heimatland, das er einst verlassen hatte.“ heißt es auf den letzten Seiten der Geschichte. Versteht Daagoo jetzt, was Heimat und Familie bedeuten?
  • Velma Wallis verbindet in ihrem Buch zwei alte Legenden ihres Volkes, die vom Vogelmädchen und die vom Mann, der die Sonne suchte. Ist ihr das gut gelungen? Haben beide Legenden die gleiche Priorität oder gibt sie einer einen größeren Raum in der Geschichte?
  • „Die wesentliche Aussage der Geschichte ist, das wir alle unser Zuhause aus verschiedenen Gründen verlassen, um doch eines Tages dorthin zurückzukehren.“ schreibt Velma Wallis in ihrem Nachwort. Sind Sie ihrer Meinung? Was haben Sie noch durch das Buch gelernt?
  • In ihrem Nachwort beschreibt Velma Wallis ihre Unsicherheit mit der Beschreibung von Gewalt zwischen den Stämmen in ihrem Buch. Wie empfanden Sie dies? Hätte eine Reduzierung der Gewalt das Buch verändert?

Informationen über Indianer in den USA

  • Es gibt 562 staatlich anerkannte Indianerstämme in den Vereinigten Staaten von America; davon befinden sich allein 229 in Alaska.
  • In den USA leben rund 4,12 Mio. Indianer (American Indians) und Ureinwohner Alaskas (Alaska Native); das sind ca. 1,5% der amerikanischen Bevölkerung.
  • Die größte Reservation ist die der Navajo Indianer (Arizona).
  • Zwischen 1887 und 1934 wurden den Stämmenrund 90 Millionen ‚acre‘ Land von der US Regierung fast immer ohne Bezahlung weggenommen und Siedlern gegeben. (1 acre entspricht etwa 4.000 Quadratmetern) Heute besitzen die Indianerstämme insgesamt eine Landfläche, die etwa 2 % der Landfläche der USA entspricht; der Großteil des Landes liegt in trockenen oder sehr abgelegenen Regionen.

Quelle: Introduction to Indian Nations in the United States, Hrsg.: National Congress of American Indians

Weitere Bücher von Velma Wallis

  • Zwei alte Frauen: Eine Legende von Verrat und Tapferkeit (1994) (Originaltitel: Two old women, erschienen 1993)
  • Raising Ourselves: A Gwich’in Coming of Age Story from the Yukon River (2002); nicht auf Deutsch erhältlich (Im Buch beschreibt Velma Wallis im Detail die Geschichte ihrer Familie, wie sie aufwuchs und was es bedeutet, Gwich’in zu sein.)

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