Unser Thema des Monats: Das Lieblingsbuch der Unabhängigen Buchhandlungen
Unser Thema des Monats:
Pi mal Daumen von Alina Bronsky ist Lieblingsbuch der Unabhängigen Buchhandlungen
Seit 2015 küren die unabhängigen Buchhandlungen ihr Lieblingsbuch.
Die Nominierten für 2024 waren:
Pi mal Daumen von Alina Bronsky
Mein drittes Leben von Daniela Krien
Der Bademeister ohne Himmel von Petra Pellini
Und dahinter das Meer von Laura Spence-Ash
Windstärke 17 von Caroline WahlWir haben alle bisherigen Gewinner und die 5 Romane der Shortlist zusammengestellt – insgesamt 50 Buchtipps! Und zu vielen davon gibt es bereits Diskussionsfragen.
Neuentdeckung: Das ist Alise von Jon Fosse
Unsere Neuentdeckung:
Das ist Alise von Jon Fosse
Seit Jon Fosse 2023 den Literaturnobelpreis verliehen bekam, steht er bei Lesenden und Medien im Fokus. Der 1959 geborene Norweger war bisher, trotz zahlreicher Romane, vor allem als Dramatiker bekannt. Sein literarisches Werk zeichnet sich durch einen ungewöhnlichen Sprachstil sowie die Beschäftigung mit großen menschlichen Themen aus.
Zum Einstieg in Fosses Werk bietet sich seine 2003 veröffentlichte Novelle an. Auf nur 120 Seiten finden sich dort der Stil und die existentiellen Fragen des Menschseins, für die Fosse bekannt ist.
Wir stellen den Roman und den Autor vor, inklusive passender Diskussionsfragen.
Besonderer Buchtipp: Apeirogon von Colum McCann
Besonderer Buchtipp:
Apeirogon von Colum McCann
Rami und Bassam sind Freunde und wohnen im selben Land nah beieinander. Und doch leben sie in zwei völlig unterschiedlichen Welten. Denn das Land ist Israel und Rami ist Jude, Bassam Palästinenser. Was sie verbindet, ist das Schlimmste, was Eltern passieren kann – beide haben ein Kind bei einer Gewalttat verloren.
Dennoch fordern sie keine Rache, sondern halten gemeinsam Vorträge darüber, dass nur Kommunikation und ein Verständnis für den anderen zu einem Frieden im Nahen Osten führen können.
Das Buch erschien bereits 2020 und ist doch aktueller denn je.
Wir stellen den Roman und den Autor ausführlich vor. Zusätzlich gibt es passende Diskussionsfragen für eine Besprechung im Lesekreis.
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Ein Epos voller Härte, Humor und Schönheit
Ein bildgewaltiges Panorama über das Georgien der 1970er Jahre bis in die Gegenwart. Tilman Spreckelsen, FAZ: »Babluani legt einen glänzenden, rasant erzählten und tieftraurigen Roman vor.«
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Kerstin Hämke, Gründerin von Mein-Literaturkreis.de, zeigt, warum das gemeinsame Lesen so viel Spaß macht und gibt viele praktische Tipps. Zusätzlich: 50 Buchtipps, die sich besonders für eine Diskussion eignen.
Nina Jäckle
Zielinski
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Es ist Zielinski, der da aus dem Nichts heraus Einzug in die Wohnung eines allein lebenden Mannes hält. Zielinski, der gepflegte, höfliche Fremde lebt fortan in einer mit blauem Samt ausgeschlagenen Holzkiste, im größten Zimmer des erzählenden Protagonisten. Es riecht nach Holz. Riecht es wirklich nach Holz? Zielinskis Stimme ist schön. Spricht Zielinski wirklich?
Dieser Roman stellt auf eine raffinierte, absurd witzige und mitreißende Weise dar, wie Phantasien und Systeme greifen, wie es funktioniert, sich selbst voll und ganz in eine verheerende Idee zu verstricken, sich sogar in sie zu verlieben. Zielinski ist die Geschichte einer sich obsessiv-wahnhaft steigernden Selbstentfremdung, dargestellt auf eine solch eindringliche und logische Weise, dass man als Leser schwerlich noch in Begrifflichkeiten wie falsch und richtig oder gut und böse mit- oder dagegendenken kann. Nahezu unbemerkt von seinem sozialen Umfeld zieht sich ein Mensch Schritt für Schritt zurück, er kippt aus dem alltäglichen Leben. Dieser Roman ist ein poetischer Seelenkrimi, ein sich immer enger schnürender und ein immer schneller drehender Erzähl- und Mahlstrom. Eine virtuose, radikale Verschiebung des Seins, der Wahrnehmung.
Nina Jäckle versteht es, mit sparsam eingesetzten Kunstmitteln und der ihr eigenen, eindringlichen und sensiblen Sprachführung, den Protagonisten einer bis zum Erschrecken folgerichtigen Entwicklung auszusetzen, ganz so, dass einem beim Lesen schier der Atem stockt. Und sie führt beispielhaft vor, dass es nur einer kleinen, außerordentlichen Setzung bedarf, um aus der Welt des Vermittelbaren hinauszufallen, inmitten einer individualisierten Gesellschaft, die für den Einzelnen keine Augen mehr hat.
„…Ein lesenswertes Buch, wenn man sich drauf einlässt…“
Eine Rezension von Literaturkreismitglied Ute Behrmann, Bad Honnef
Bewertung des Buches: ✮ ✮ ✮ ✮ ✰
Bewertung der Eignung zur Diskussion in Literaturkreisen: ✮ ✮ ✮ ✮ ✰
Erst mal: Es hat mich sehr an meine Arbeit am Telefon bei der Telefonseelsorge erinnert. Ein großer Teil der Anrufenden hat irgendwelche psychischen Probleme. Und das stellt sich nach außen hin in Form einer anderen Wahrnehmung dar, die Probleme sind oftmals schwer nachvollziehbar, ganz anders als wenn eine Freundin ein Problem berichtet.
In diesem Buch wird ein solcher „Fall“ beschrieben, ein Mann, der aus seiner „normalen“ Welt herausfällt aufgrund dessen, was sich in seinem Kopf abspielt. Ich kann nicht fundiert beurteilen, ob das ein realistisches Beispiel ist, auf jeden Fall liest es sich authentisch/realistisch.
Zunächst ist das Buch gewöhnungsbedürftig, weil rational unrealistisch, aber nach einer Weile fand ich es spannend und interessant. Manchmal liest man in der Zeitung nicht nachvollziehbare Artikel wie „Mann erwürgt wildfremden Menschen in der Kirche, weil er sich verfolgt fühlt…“ oder Ähnliches. In diesem Buch wird eine Geschichte erzählt, die solche Prozesse vielleicht etwas mehr nachvollziehbar macht.
Der Mensch besteht im Wesentlichen aus seinen Gedanken. Und die können ohne psychische Probleme schon kulturell sehr unterschiedlich sein. Z.B. haben bei uns viele Menschen schon vor Spinnen in Fliegengröße Angst, was faktisch unbegründet ist, in anderen Kulturen werden große Spinnen gegart und verspeist, was bei uns die meisten Menschen nicht fertig bringen würden.
Gedanken können aber weitreichendere Folgen haben: wir haben zunehmend (in der Wahrnehmung oder real?) mit Problemen wie Burnout, Depressionen, etc. zu tun. Alles das spielt sich letztlich in Gedanken/im Kopf ab. In solch eine Gedankenwelt ist es schwer sich hineinzuversetzen, dieses Buch ist vielleicht hilfreich dafür.
Spannend fand ich zum Beispiel, dass der Mann „helle Momente“ hatte, wo er sich sagte, dass er Medikamente braucht, zum Arzt gehen sollte, oder sich Gedanken darüber gemacht hat, dass sie ihn „außer Gefecht setzen“ würden. Diese „hellen Momente“ sind auch bei Demenz bekannt. Er ist nicht zum Arzt gegangen, die Gedanken waren kurz danach wieder weg.
Oder wie der Mann um sein Problem zu lösen aus seiner Wohnung auszieht, aber letztlich nicht seinen Gedanken davonlaufen kann.
Also ein lesenswertes Buch wenn man sich drauf einlässt und es nicht als „blödsinnige Geschichte“, „unrealistisch, was soll das?“ abtut.
Keine Erzählung im klassischen Sinne, vielleicht gerade deswegen innovativ und auch für Literaturkreise geeignet.
Über Nina Jäckle
Foto: Michael Schröder
Werke
Auszeichnungen (Auswahl)