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Ungeduld des Herzens

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Persönliche Bewertung:
3,4/5 (12)

Eignung für Lesekreise:
1,5/5 (2)


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Ungeduld des Herzens

Der Biograph, der Erzähler, der Menschenschilderer Stefan Zweig hat nur einen einzigen Roman geschrieben. Er greift darin die Thematik des Mitleids auf, deren falsche Form den jungen Leutnant Anton Hofmiller in einen Konflikt bringt. Edith von Kekesfalva, ein siebzehnjähriges gelähmtes Mädchen verliebt sich in ihn, ohne daß er ihr Gefühl erwidern kann. Doch ihre Zuneigung schmeichelt ihm. Der Arzt des Mädchens, dem deutlich wird, daß nur »das schwachmütige und sentimentale Mitleid, das eigentlich nur Ungeduld des Herzens ist«, den Leutnant bewegt, fordert seinerseits nun von ihm das »andere, das einzig zählt – das schöpferische Mitleid, das weiß, was es will und entschlossen ist, alles durchzustehen bis zum Letzten«. Anton Hofmiller glaubt formal und äußerlich der Verlobung zu genügen, ist aber unfähig, Edith auch nur einen einzigen Schritt wirklich entgegenzugehen, ja er streitet seinen Kameraden gegenüber sogar diese Verbindung ab. Sein Schuldbewußtsein erwacht sofort, aber erst allmählich wird er bereit, Verantwortung zu tragen. Doch unglückliche Umstände lassen Edith erfahren, daß er sie verleugnet hat – da stürzt sie sich vom Turm. Anton Hofmiller lebt von nun an in dem Bewußtsein, daß »keine Schuld vergessen ist, solange noch das Gewissen um sie weiß«.

Über Stefan Zweig

Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien als Sohn des Textilindustriellen Moritz Zweig geboren. Er studierte Germanistik und Romanistik und promovierte 1904 mit einer Arbeit über Die Ursprünge des zeitgenössischen Frankreich in Wien.

Zweig schrieb früh Gedichte (Silberne Saiten, 1901); seine ersten Novellen erschienen 1904. Weitere Novellen und großen Biographien machten ihn weltberühmt.

Durch den Ersten Weltkrieg wurde Stefan Zweig zum Pazifisten. Nach einer Tätigkeit im Kriegsarchiv zog er 1917 nach Zürich und arbeitete für die Zeitung ‚Neue Freie Presse‘. 1920 heiratete er Fridenke von Winternitz und lebte von 1919 bis 1934 in Salzburg.

Bei den Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten 1933 wurden auch Stefan Zweigs Bücher verbrannt. In Deutschland durften seine Werke nicht mehr vertrieben werden; bis 1938 erschienen seine Bücher noch in einem Wiener Verlag.

Nach einer Hausdurchsuchung der Polizei im Salzburger Haus übersiedelte Zweig 1934 nach London. Seine Frau Friderike blieb in Salzburg. Lotte Altmann wurde seine Sekretärin.

1938 wurde seine erste Ehe geschieden. 1939 heiratete Stefan Zweig Lotte Altmann und 1940 erhielten beide die britische Staatsbürgerschaft. Aber bald verließen sie London aus Furcht, dass die Engländer keinen Unterschied zwischen Österreichern und Deutschen machen würden und er dann als „enemy alien“ (feindlicher Ausländer) interniert würde. 1941 siedelten sie nach Petropolis (Brasilien) über.

Am 23. Februar 1942 schied er in Petrópolis, Brasilien, zusammen mit seiner Frau Lotte, freiwillig aus dem Leben.

Aus seinem Abschiedsbrief an die Freunde: »Ehe ich aus freiem Willen und mit klaren Sinnen aus dem Leben scheide, drängt es mich, eine letzte Pflicht zu erfüllen: … Ich grüße alle meine Freunde! Mögen sie die Morgenröte noch sehen, nach der langen Nacht! Ich, allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus.«

Seine von einer vergangenen Zeit erzählenden Erinnerungen »Die Welt von Gestern« erschienen posthum.

Weiterlesen

Sehr empfehlenswert als Ergänzung zu Werken von Stefan Zweig ist das Buch ‚Vorgefühl der nahen Nacht‘ von Laurent Seksik.

Seksik schreibt psychologisch sehr einfühlsam über das letzte halbe Jahr von Stefan Zweig und seiner Frau in Brasilien. Das Buch erschien 2011 in Frankreich, wo es ein Bestseller wurde, und 2012 in Deutschland.

2012 erschien unter dem Titel ‚Die letzten Tage von Stefan Zweig‘ zu dem Buch eine Graphic Novel zu der Seksik seinen Text überarbeitete und Guillaume Sorel passende Bilder schuf.

Pressestimme zur Biographie: „Das ist dramatischer Stoff, und der französische Autor Laurent Seksik, 49, versteht es, die Indrigenzien geschickt zu mischen. In seinem jetzt auf Deutsch erschienen Roman … übernimmt er die Technik der intuitiven Biografie im psychoanalytischen Erzählstil, die sein Vorbild so meisterlich beherrschte. Seksik objektiviert das erfühlte Innenleben des Ehepaars Zweig und kehrt es nach außen, um vor dem historischen Hintergrund der Nazi-Barbarei und der untergehenden europäischen Zivilisation des seelischen Zusammenbruch eines hochempfindlichen Künstlers und Tagträumers in des Schicksal des radikalen Humanisten und Pazifisten zu wenden.“ Der Spiegel

Pressestimme zur Graphic Novel: „Aus diesem Buch lernt man immens viel nicht nur über Stefan Zweig, sein Leben, sein Werk, sein Denken, sondern auch über ein unbekanntes Exilland wie Brasilien und über die Psychologie von Heimatlosen. FAZ

Weiterschauen

3sat stellte ein ausführliches Porträt Stefan Zweigs zusammen, dass auf Youtube angeschaut werden kann. www.youtu.be/cQ3XG3fggDU

Werke von Stefan Zweig

Zweig hat unzähliche Werke verfasst, darunter Biografien, Novellen (u.a. Angst und Schachnovelle), Erzählungen, Legenden, Dramen, Romane (u.a. Ungeduld des Herzens) und weitere Werke wie Sternstunden der Menschheit und Die Welt von Gestern. Nachfolgend finden Sie die Werke in der Reihenfolge ihrer Veröffentlichung.

  • Silberne Saiten. Gedichte. 1901
  • Die Philosophie des Hippolyte Taine. Dissertation, 1904
  • Die Liebe der Erika Ewald. Novellen. 1904
  • Die frühen Kränze. Gedichte. 1906
  • Tersites. Ein Trauerspiel. In drei Aufzügen. 1907
  • Emile Verhaeren. 1910
  • Brennendes Geheimnis. 1911
  • Erstes Erlebnis. Vier Geschichten aus Kinderland: : Geschichte in der Dämmerung. Die Gouvernante. Brennendes Geheimnis. Sommernovellette. 1911
  • Das Haus am Meer. Ein Schauspiel in zwei Teilen. (In drei Aufzügen) 1912
  • Der verwandelte Komödiant. Ein Spiel aus dem deutschen Rokoko. 1913
  • Jeremias. Eine dramatische Dichtung in neun Bildern. 1917
  • Erinnerungen an Emile Verhaeren, Privatdruck 1917
  • Das Herz Europas. Ein Besuch im Genfer Roten Kreuz. 1918
  • Legende eines Lebens. Ein Kammerspiel in drei Aufzügen. 1919
  • Fahrten. Landschaften und Städte. 1919
  • Drei Meister: Balzac – Dickens – Dostojewski. (= Die Baumeister der Welt. Versuch einer Typologie des Geistes, Band 1). 1920
  • Marceline Desbordes-Valmore. Das Lebensbild einer Dichterin. 1920
  • Der Zwang. Eine Novelle.1920
  • Romain Rolland. Der Mann und das Werk. 1921
  • Brief einer Unbekannten. 1922
  • Amok. Novellen einer Leidenschaft. 1922
  • Die Augen des ewigen Bruders. Eine Legende. 1922
  • Phantastische Nacht. Erzählung. Die Neue Rundschau. Jahrgang 33. 1922
  • Frans Masereel (mit Arthur Holitscher), Axel Juncker. 1923
  • Die gesammelten Gedichte. 1924
  • Die Monotonisierung der Welt. Essay. Berliner Börsen-Courier, 1. Februar 1925
  • Angst. Novelle. 1925
  • Der Kampf mit dem Dämon. Hölderlin – Kleist – Nietzsche. (= Die Baumeister der Welt, Band 2). 1925
  • Ben Johnson’s „Volpone“. Eine lieblose Komödie in drei Akten. Frei bearbeitet von Stefan Zweig. 1926
  • Der Flüchtling. Episode vom Genfer See. 1927
  • Abschied von Rilke. Eine Rede. 1927
  • Verwirrung der Gefühle. Drei Novellen. (Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau, Untergang eines Herzens, Verwirrung der Gefühle) 1927
  • Sternstunden der Menschheit. Fünf historische Miniaturen. o. J.
  • Drei Dichter ihres Lebens. Casanova – Stendhal – Tolstoi. (= Die Baumeister der Welt, Band 3). 1928
  • Rahel rechtet mit Gott. In: Insel-Almanach auf das Jahr 1929, S. 112–131. 1928
  • Joseph Fouché. Bildnis eines politischen Menschen. 1929
  • Das Lamm des Armen. Tragikomödie in drei Akten. 1929
  • Vier Erzählungen. (Die unsichtbare Sammlung. Episode am Genfer See. Leporella. Buchmendel). 1929
  • Die Heilung durch den Geist. Mesmer – Mary Baker Eddy – Freud. 1931
  • Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters. 1932
  • Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam. 1934
  • Die schweigsame Frau. Komische Oper in drei Aufzügen. Libretto, frei nach der Komödie Epicoene, or The Silent Woman von Ben Jonson. Musik von Richard Strauss. 1935
  • Maria Stuart. 1935
  • Gesammelte Erzählungen, 2 Bände (Band 1: Die Kette, Band 2: Kaleidoskop). 1936
  • Castellio gegen Calvin oder. Ein Gewissen gegen die Gewalt. 1936
  • Der begrabene Leuchter. Novelle. 1937
  • Begegnungen mit Menschen, Büchern, Städten. 1937
  • Magellan. Der Mann und seine Tat. 1938
  • Ungeduld des Herzens. Roman. 1939
  • Brasilien. Ein Land der Zukunft. 1941
  • Schachnovelle. 1942
  • Zeit und Welt. Gesammelte Aufsätze und Vorträge 1904–1940. 1943
  • Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers. 1942
  • Amerigo. Die Geschichte eines historischen Irrtums. 1944
  • Legenden. 1945
  • Balzac. Roman seines Lebens. 1946
  • Fragment einer Novelle. 1961
  • Rausch der Verwandlung. Roman. 1982

Zusätzlich sind zahlreiche Briefwechsel veröffentlicht, u.a. mit Hesse, Gorki und Rilke.

Verfilmungen

Zahlreiche Werke Stefan Zweigs wurden verfilmt, einige mehrfach. Eine Übersicht der Verfilmungen finden Sie hier.

Hilfreiche Links

Internationale Stefan Zweig Gesellschaft, Salzburg: www.stefan-zweig.sbg.ac.at

Private Webseite mit vielen Informationen: www.stefanzweig.de

Webseite der Casa Stefan Zweig. Sein letzter Wohnsitz in Brasilien ist heute ein Kulturzentrum und Museum und dem Schriftsteller gewidmet: www.casastefanzweig.org

  1. Danke für diese Informationen über den Autor und seine Werke. Sehr aufschlussreich.

    20. Mai 2021 | 18:49 | Gabriele Esser

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